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Abwasserentsorgung / Abwasserbehandlungsanlagen / Verfahrenstechnik
Umbau und Erweiterung der Kläranlage Eversen
 
Nach einem Ideenwettbewerb zwischen 3 Ingenieurbüros beauftragte die Stadtwerke Bergen GmbH das Planungsbüro Wittig im Februar 2003 mit der Planung und Bauleitung für den Umbau der Kläranlage in Eversen.
Die Anlage wurde in ihren Ursprüngen 1972 erstellt und 1988 nach dem Nordenskjöld-Verfahren umgebaut. Sie war zu diesem Zeitpunkt für eine Anschlussgröße von 6.000 Einwohnergleichwerten bei weitgehender Nitrifikation ausgelegt. Eine der Besonderheiten dieser Anlage war die Belebung, die in Form eines Erdbeckens, ausgekleidet mit einer Kunststoffdichtungsfolie, erbaut wurde. Der Lufteintrag erfolgte über Pendelbelüfter.
 
Belebungsbecken KA Eversen vor dem Umbau
Vor dem Umbau: Belebungsbecken mit Pendelbelüftung (im Hintergrund)
Belebungsbecken KA Eversen nach dem Umbau
Nach dem Umbau: Erweitertes Belebungsbecken mit Winkelstützen und Brücken

 
Die Ausgangssituation
Mit dem Umbau, der 2004 begann und inzwischen abgeschlossen ist, galt es gleich mehrere Aufgaben zu erfüllen:
  • langfristige Erweiterung der Anlage auf eine Anschlussgröße von 8.000 Einwohnergleichwerten
  • Verbesserung der Ablaufwerte aufgrund der Verschärfung der Einleitparameter in den Vorfluter
  • umfangreiche Sanierungen im Bereich der 3. Reinigungsstufe, der mechanischen Vorreinigung und der Biologie
  • Neuerstellung der elektrotechnischen Anlage
  • vollständige Neuordnung der Schlammbehandlung.
Aufgabenstellung
Zum Zeitpunkt der Planung war klar, dass der Umbau bei laufendem Abwasserbetrieb erfolgen muss. Weiterhin wünschte der Auftraggeber, die vorhandene Bausubstanz der Anlage soweit wie möglich zu nutzen. Durch diese Randbedingungen ergaben sich eine Menge zu lösende Aufgaben.
Beispielsweise konnte das neue Nachklärbecken auf dem Gelände nur so angeordnet werden, dass es über 100 m entfernt und ca. 4,5 m tiefer als der Ablauf des "Belebungsbeckens 1" liegt. Das vorhandene Gebäude der mechanischen Vorreinigung war schon für einen neuen Rechen recht klein und für einen Sandwaschklassierer war erst recht kein Platz.
Aber auch in anderen Bereichen waren Probleme zu lösen. Wir haben für das eingangs geschilderte Erdbecken überlegt, die sanierungsbedürftigen Pendelbelüfter gegen eine feinblasige Druckbelüftung zu tauschen. Wie aber legt man die Belüftung und Umwälzung aus, wenn das Erdbecken die Grundform eines unregelmäßigen Trapezes hat?
 
Randbedingungen
Aus mehreren vorgelegten Alternativlösungen entschied sich der Auftraggeber für folgendes Konzept:
Das vorhandene Erdbecken ist mit Winkelstützen umfasst und erhöht worden. In diesem Bereich wurde eine Kunststoffdichtungsfolie neu angeschweißt. Damit ist das Volumen von rd. 1.900 auf rd. 2.400 m³ vergrößert worden (für 6.000 EW). Außerdem ist in diesem Becken mit innen liegenden Winkelstützelementen eine Abtrennung zwischen Kontaktbereich und Belebungsbecken erzielt worden. Zum Herausheben der feinblasigen Druckbelüftung sowie zur Wartung der Rührwerke sind drei Brücken mit einer Spannweite von jeweils 30,00 m installiert worden. Zur Drucklufterzeugung für die Belüftung sind drei neue Drehkolbengebläse vorgesehen, die in einem neu erstellten Gebäude neben dem Belebungsbecken installiert sind. Bei der Überschreitung der Anschlussgröße von 6.000 Einwohnergleichwerten wird ein noch aus der Anfangszeit der Kläranlage stammender Oxidationsgraben genutzt.
 
Lösungskonzept
Das Abschlagen von hydraulischen Spitzen ist nach dem Umbau des ehemaligen Schlammbeckens zu einem Pufferbecken jetzt möglich geworden. Alle anderen Anlagenteile sind mit diesem Umbau von vornherein auf eine Anschlussgröße von 8.000 Einwohnergleichwerten ausgelegt. Das betrifft
  • die mechanische Vorreinigung mit dem neuen Siebkorbrechen und der integrierten Rechengutwäsche
  • das Nachklärbecken
  • das Rücklaufschlammpumpwerk
  • die Niederspannungshauptverteilung einschließlich der Unterverteilungen.
Mit Hilfe der neuen Schalt- und Steueranlage im Betriebsgebäude und der Anbindung an die Kläranlage Bergen kann die Anlage in Eversen jetzt von dort aus gesteuert und überwacht werden.
 
Auslegung der Anlage auf 8000 EW
Die Schlammbehandlung
Der auf der Kläranlage Eversen anfallende Überschussschlamm wird vor Ort eingedickt, um dann im neu zu bauenden Schlammstapelbehälter gelagert zu werden. Aufgrund der Platzprobleme haben wir uns zu folgender Lösung entschieden:
Da das vorhandene Notstromaggregat über 40 Jahre alt und für die neue Anschlussleistung nicht mehr ausreichend war, wurde ein neues im separaten Container aufgestellt. In den dadurch frei gewordenen Raum im Betriebsgebäude haben wir die maschinelle Schlammeindickung der Firma Bellmer eingebaut (siehe Foto). Aus Platzgründen wurden die dazugehörigen Dünn- und Dickschlammpumpen im Keller und die Flockungshilfsmittelstation in der ehemaligen Werkstatt untergebracht. Der Schlammstapelbehälter ist aus Kostengründen und aufgrund der Platzverhältnisse als emaillierter Stahlbehälter (Volumen: 1.000 m³) auf dem alten Beton-Nachklärbecken erstellt worden (siehe Fotos unten).
 
Altes Beton-Nachklärbecken KA Eversen
Altes Beton-Nachklärbecken vor dem Umbau
Schlammstapelbehälter auf altem Beton-Nachklärbecken
Schlammstapelbehälter auf altem Beton-Nachklärbecken nach dem Umbau

Mit dem Umbau der Kläranlage Eversen ist es uns gelungen, trotz der beengten Platzverhältnisse und mit Nutzung der vorhandenen Bausubstanz eine Erweiterung und Sanierung der Anlage im großen Maßstab durchzuführen. Wie gesagt, alles im laufenden Kläranlagenbetrieb. Das unter diesen erschwerten Bedingungen dieses Projekt so positiv verlaufen ist, verdanken wir der überaus guten Zusammenarbeit aller Beteiligten.



© Planungsbüro Wittig - www.pla-wi.de zurück  [Archiv]  weiter