Aktuelle Meldung 11.01.05     zurück  [Archiv]  weiter

Schwimmbadtechnik / Pflanzenkläranlagen
Sanierung der Wasseraufbereitungstechnik im Schwimmbad Winsen (Aller)
 
Bestand und Problemstellung
 
Die Gemeinde Winsen (Aller) betreibt ein kombiniertes Hallen- und Freibad, wobei je nach Saison immer nur ein Bad geöffnet ist. Die Besucherzahlen liegen zwischen 150 (Hallenbad durchschnittlich) und 900 Personen (Freibad maximal) pro Tag.
Das Volumen der Außenbecken beträgt 950 m³, das Becken im Hallenbad weist ein Volumen von 430 m³ auf und ist mit einem Hubboden ausgestattet. Der Schwallwasserbehälter beinhaltet ein Volumen von 45 m³.
Außenbereich Freibad Winsen
Außenbereich Freibad Winsen
Hallenbad Winsen
Hallenbad Winsen

Die gesamte Aufbereitung datiert aus dem Jahre 1973, wobei die Chlorgasanlage gemäß dem Stand der Technik gewartet und angepasst wurde. Die Kiesfilter sind für eine Umwälzleistung von 150 m³/h ausgelegt.
 

Hallen- und Freibad
Winsen (Aller)
Im täglichen Schwimmbadbetrieb und in der Aufbereitungstechnik des Badewassers kommt es zu keinerlei Betriebsproblemen. Lediglich hinsichtlich der erreichten Analysenwerte im Badewasser und im Filterrückspülwasser wurden Anpassungen an die neue Gesetzeslage (DIN 19643 und an den Anhang 31 des Wasserhaushaltsgesetzes) für das Einleiten der Filterrückspülwässer notwendig. Dies betrifft folgende Werte:
  • Gebundenes Chlor im Schwimmbadwasser:
    Dieser Wert ist gemäß DIN von derzeit 0,4 bis 0,6 mg/l auf 0,2 mg/l zu senken.
  • AOX und abfiltrierbare Stoffe im Filterrückspülwasser:
    Der AOX-Gehalt im Filterrückspülwasser entsteht insbesondere durch hohe gebundene Chlorwerte im Schwimmbadwasser bzw. aus deren Reaktionsprodukten innerhalb des Rückspülvorganges. Der gemessene Wert im Filterrückspülwasser beträgt zurzeit ca. 1 mg/l. Der geforderte Wert für die Direkteinleitung beträgt 0,2 mg/l.
  • Abfiltrierbare Stoffe
    Des Weiteren sind die abfiltrierbaren Stoffe von derzeit rd. 100 mg/l auf mindestens 50 mg/l zu senken.
Analysenwerte -
Anpassung an neue Gesetzeslage
Für das behandelte Rückspülwasser, das gegebenenfalls einer Versickerung zugeführt werden soll, ist zusätzlich der CSB-Gehalt von derzeit 100 mg/l auf 30 mg/l zu senken. Die Gesamtproblematik "Desinfektion", d. h. Qualität des Badewassers und die Qualität des Filterrückspülwassers, sind nicht unabhängig von einander zu betrachten. Bei Optimierung des Problembereiches "gebundenes Chlor" im Beckenwasser wird sich automatisch auch eine Verbesserung des Ablaufwertes im Filterrückspülwasser ergeben.
 
CSB-Gehalt
Rückspülwasser
Aus diesem Grund wurde vonseiten des Planungsbüro Wittig ein stufenweises Herantasten an die Lösung vorgeschlagen, wobei für alle Sanierungsvarianten zunächst ein Sofortprogramm zur Optimierung des Filterrückspülvorganges vorgeschlagen wurde.
 
Lösungsvorschlag:
"Stufenweises Herantasten"
Das Sofortprogramm
 
Folgende Umbauten wurden im Bereich der Kiesfilteraufbereitungsanlage vorgenommen:
  1. Neubau eines Spülluftgebläses und einer Schallschutzhaube (die bisherige Rückspülung erfolgte gänzlich ohne Luftunterstützung).
  2. Einbau eines Entlüfters und Rohrleitung für die Spülluft.
  3. Schaltschrankneubau und elektrische Verkabelung des Spülluftgebläses.
  4. Einbau von Absenkschleifen an den Kiesfiltern.
  5. Rohrleitungsneubau für Erstfiltrat.
  6. Einbau eines Durchflussmessinstrumentes.
    Anschluss der Signalleitungen für Chlorgas und Durchfluss an einen zentralen Rechner und Durchführung eines Messprogrammes AOX.
Schon allein durch die Durchführung der Sofortmaßnahme konnten die Beckenwasserwerte und die Werte für das Filterrückspülwasser verbessert werden, ohne jedoch die gebundenen Chlorwerte gemäß DIN zu erreichen. Daher wurden im Anschluss daran verschiedene Sanierungsvarianten untersucht und hinsichtlich der Invest- und Betriebskosten sowie der Vor- und Nachteile miteinander verglichen.
 
Sofortprogramm Kiesfilteraufbereitungsanlage
Sanierungsvarianten Badewasser
 
Sanierungsvariante 1 – Aktivkohle auf Kiesfilter
Hierzu war geplant, die oberen Lagen des Kiesfilters gegen Aktivkohle auszutauschen, um den gebundenen Chlorwert unter 0,2 mg/l zu senken. Diese Lösung war in der Praxis nicht umsetzbar.

Sanierungsvariante 2 - Aktivkohlepulverdosierung
Auch dieses Verfahren erfüllt die Grenzwerte, ist jedoch mit einem erhöhten Aufwand für die Anlagenwartung und -reinigung an Armaturen verbunden. Zudem liegen aus Vergleichsanlagen schlechte Erfahrungen vor.

Sanierungsvariante 3 – Aktivkohlefilter separat
Hierzu wird ein separater Aktivkohlefilter im Bypass parallel zu den Kiesfiltern betrieben. Diese Variante erfordert einen etwas höheren Aufwand in der Rohrleitungsmontage und der Anlagensteuerung, erreicht aber die geforderten Werte und ist ein sicheres und bewährtes Verfahren.

Sanierungsvariante 4 – Chlorominator
Die Zerstörung von gebundenem Chlor kann auch über den fototechnischen Einsatz verschiedener Strahlungsquellen, wie z. B. UV-Lampen, erreicht werden. Der so genannte Chlorominator lässt sich ebenfalls im Bypass zu den Kiesfiltern betreiben. Der Chlorominator erfordert allerdings einen relativ hohen Energieeintrag sowie einen nicht unerheblichen Aufwand für den regelmäßigen Austausch der UV-Lampen, was insgesamt zu relativ hohen Betriebskosten führt.

Sanierungsvariante 5 – Sole-Elektrolyseverfahren
Bei der Salzwasserelektrolyse mit Natriumchlorid, d. h. Salzsäure, entsteht neben der unterchlorigen Säure, d. h. Chlorradikale, weiterer atomarer Wasser- und Sauerstoff, wobei der Sauerstoff in diesem Stadium des Entstehens in den Durchflusselektrolysezellen äußert reaktionsfähig ist und so eine effektive und bedarfsgerechte Entkeimung gewährleistet.
Vorteil dieser Anlagentechnik ist, dass Just-in-Time jeweils nur so viel Chlor produziert wird, wie tatsächlich notwendig ist. Die Elektrolysezellen selber werden im Bypass betrieben. Neben der eigentlichen Anlage ist allerdings ein Salzlager bzw. ein Solebehälter für die Natriumchloridzugabe notwendig. Die Salzwassersole wird der Wassergefährdungsklasse 1 zugeordnet, was spezielle Anforderungen an den Abfüllplatz erfordert. Des Weiteren sind metallische Werkstoffe im Bereich der Aufbereitungsanlage für die Sole-Elektrolyse nicht geeignet.

Großer Vorteil der Sole-Anlagentechnik ist der Wegfall des Umganges mit Gefahrstoffen, wie Chlorgas und Chlorbleichlaugeanlagen. Weiterer Vorteil ist, dass das Schwimmen in der Natursole für Hautallergiker, Kinder etc. deutlich gesünder und verträglicher ist.
Nachteilig im Vergleich zu konventionellen Verfahren sind die höheren Anlagen- und Betriebskosten.

Nach Abwägung aller Vor- und Nachteile fiel die Entscheidung auf die Variante 3 – Aktivkohlefilter separat.
 

Sanierungsvarianten:
Aktivkohle auf Kiesfilter
Aktivkohlepulverdosierung
Aktivkohlefilter separat
Chlorominator
Sole-Elektrolyseverfahren
Sanierungsvarianten Filterrückspülwasser
 
Hinsichtlich des zweiten Problemfeldes, dem zu hohen AOX bzw. CSB-Gehalt im Filterrückspülwasser, wurden im Wesentlichen zwei Varianten miteinander verglichen. Die Einleitung in den vorhandenen Schmutzwasserkanal wurde mit ca. 2,50 €/m³ kalkuliert. Alternativ hierzu ist die Behandlung des Filterrückspülwassers über eine neu zu errichtende betriebseigene Kläranlage möglich, wenn die Abwasserwerte für die Direkteinleitung erreicht werden. In diesem Zusammenhang wurde im Wesentlichen die Realisierung einer Pflanzenkläranlage mit vorgelagertem Absetzbecken auf Anregung des Landkreises Celle hin, hier das Amt für Umwelt und ländlichen Raum, untersucht.
 
Rückspülwasser:
Einleitung in Schmutzwasserkanal oder betriebseigene Kläranlage
Realisierung Aktivkohlefilter im Bypass für Badewasser
 
Aktivkohlefilter (Bauzustand)Das nebenstehende Foto (hier: Bauzustand) zeigt den im Bypass betriebenen Aktivkohlefilter, der mit ca. 30 % der Umwälzleistung (150 m³/h x 0,3 = 30 m³/h) betrieben wird. Die Baumaßnahme wurde im Januar 2003 abgeschlossen. Die Betriebserfahrungen zeigen, dass der gebundene Chlorwert langfristig auf deutlich unter 0,2 mg/l gehalten werden kann. Erwartungsgemäß waren die Ablaufwerte des Filterrückspülwassers zwar deutlich besser als zu früheren Zeiten ohne Aktivkohlefilter, erreichten aber noch nicht die für eine Direkteinleitung geforderten Werte.
Im Betrieb zeigte sich auch, dass der Einsatz eines parallelen Aktivkohlefilters relativ problemlos mit den bestehenden Umwälzpumpen möglich ist.
 
Realisierung Abwasserbehandlungsanlage für Filterrück-spülwasser
 
Für die Reinigung des Filterrückspülwassers wurde eine möglichst betriebssichere und einfach zu handhabende Pflanzenkläranlage konzipiert. Die Auslegung der Pflanzenkläranlage erfolgte als Mischberechnung zwischen hydraulischer Belastung und Frachtbelastung. Hydraulisch ist die Pflanzenkläranlage relativ stark belastet, hinsichtlich der eigentlichen CSB-Fracht ist die Anlage deutlich unterlastet.
Schema Pflanzenkläranlage
Schema Pflanzenkläranlage

 
Pflanzenkläranlage
Zur Reduzierung der abfiltrierbaren Stoffe wurde vor die Pflanzenkläranlage ein erhöht gebautes Absetzbecken vorgeschaltet, um aus diesem in einen freien Zulauf von ca. 1 m³/h das Pflanzenbeet mit nahezu feststofffreiem Filterrückspülwasser zu beschicken.
In dem Pflanzenbeet selber erfolgt die Reduzierung des AOX-Gehaltes bzw. des CSB-Gehaltes des Filterrückspülwassers, wobei auch bereits im Absetzbecken durch die UV-Strahlung ein Teilabbau des CSB´s und des AOX stattfindet.
Pro Filterrückspülvorgang fallen max. 50 m³ Filterrückspülwasser an. Dieser Rückspülvorgang wird einmal pro Woche durchgeführt, dementsprechend wurde das Absetzbecken auf ein Volumen von ca. 50 m³ + 100 % Sicherheit = 100 m³ Volumen ausgelegt. Die Pflanzenkläranlage selber wurde mit einer Reserve von ca. 20 % bemessen.
Einbau der Kunststoffdichtungsbahn
Einbau der Kunststoffdichtungsbahn
Befüllung des Absetzbeckens
Befüllung des Absetzbeckens
Verteilungsrinne zum Pflanzenbeet
Verteilungsrinne zum Pflanzenbeet
Absetzbecken und Pflanzenbeet
Absetzbecken und Pflanzenbeet

 
Absetzbecken und Pflanzenbeet
Erste Betriebsergebnisse im Sommer des Jahres 2004 zeigen keine nachweisbaren abfiltrierbaren Stoffe im Ablauf sowie CSB-Gehalte deutlich unter den geforderten 30 mg/l. Auch für den AOX-Gehalt ist nach Wachstum des Pflanzenbeetes davon auszugehen, dass die Direkteinleiterwerte erreicht werden.
Im Zuge der Errichtung der Pflanzenkläranlage wurde ein zusätzliches Pumpwerk (150 m³/h) mit Schlammfang dem eigentlichen Absetzbecken vorgeschaltet.
 
Erste Betriebsergebnisse
Bei einem Anfall an Filterrückspülwasser in Höhe von ca. 2.500 m³/a wird sich die Pflanzenkläranlage im Vergleich zu der Einleitung in den Schmutzwasserkanal voraussichtlich in ca. 4 bis 5 Jahren amortisiert haben.
 
Amortisation
Kosten

Der Umbau der Badewasseraufbereitung, einschließlich des durchgeführten Sofortprogramms, erforderte Investitionen in Höhe von rd. 60.000,00 € brutto, einschließlich aller Planungskosten. Die Gesamtbaumaßnahme "Pflanzenkläranlage" benötigte Investitionen in Höhe von insgesamt rd. 40.000,00 € brutto, einschließlich Planungs- und Genehmigungskosten.

Dank

Das Planungsbüro Wittig bedankt sich für die gute Zusammenarbeit bei der Gemeinde Winsen (Aller), dem Schwimmmeister des Schwimmbades Winsen (Aller), sowie dem Landkreis Celle, hier das Amt für Umwelt und ländlichen Raum, und für die Unterstützung bei der Durchführung des Projektes.



© Planungsbüro Wittig - www.pla-wi.de zurück  [Archiv]  weiter